Geselliges Leben in Berlin um 1800 - abgeschlossen

Uta Motschmann

 

Geselliges Leben in Berlin um 1800 1. Einleitung

Keine andere deutsche Stadt hatte um 1800 ein so reiches und vielschichtiges Vereinsleben wie Berlin. Nahezu täglich konnte der bildungshungrige und nach geselligem Austausch strebende Berliner, ob nun Bürgerlicher oder von Adel, Handwerker, Beamter, Lehrer oder Offizier, jüdischer oder christlicher Konfession, einen ihm gemäßen Verein oder Salon besuchen. So trafen sich montags seit 1749 die Mitglieder des „Montagsclubs“[1] im „Englischen Haus“ in der Mohrenstraße. Dienstags erwartete Henriette Herz in ihrer Wohnung in der Spandauer Straße, später in der Neuen Friedrichstraße ihre Gäste[2]. Hier, wie auch in den anderen Salons, waren Frauen, die zu den Vereinen und Gesellschaften mit programmatischer Zielsetzung nur bedingt, als Zuhörerinnen und Gäste, Zutritt hatten, der unumstrittene Mittelpunkt einer mehr oder weniger zwanglosen Geselligkeit. Ebenfalls dienstags traf sich seit 1808 die Zeltersche Liedertafel[3] und (seit 1773) die Gesellschaft naturforschender Freunde[4]. Letztere besaß seit 1791 ein eigenes Haus in der Französischen Straße Nr. 29, das auch ein Naturalienkabinett beherbergte. Mittwochs tagte die sich von anderen Vereinen abgrenzende Feßlersche Mittwochsgesellschaft[5] in der Mohrenstraße Nr. 49 (aber natürlich auch die berühmtere „Geheime Mittwochsgesellschaft“[6], die überwiegend aufklärend-politisch ausgerichtet war). Donnerstags traf sich die „lesende Gesellschaft“ beim Verleger Georg Andreas Reimer[7]; seit 1765 kam das „Donnerstagskränzchen“ bei einem ihrer Mitglieder zusammen und auch die Philomatische Gesellschaft[9] hatte seit 1800 donnerstags ihre Zusammenkünfte. Freitag nachmittags traf sich die Gesellschaft zur ökonomischen Feuerung auf dem Werderschen Rathaus und seit den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts tagte am Abend die „Graeca“. Der Sonnabend war der Versammlungstag der „Humanitätsgesellschaft“ im Haus der Loge Royal York[10]. Täglich konnte in „Werckmeisters Leseinstitut“ in der Jägerstraße 25 die neueste Literatur diskutiert werden, während sich der Schachliebhaber mit Gleichgesinnten seit 1803 im Schadow’schen Schachklub[11], der auch eine eigene Bibliothek und ein Lesezimmer besaß, in der Taubenstraße (später u.a. in der Jägerstraße) versammelte.
Einen Ausgangspunkt des Geselligkeitsprojekts, das für die Metropole Berlin um 1800 von zentraler Bedeutung ist und sich auf eine markante zeitgenössische Theoriebildung stützen kann, liefert Wilhelm von Humboldts Plädoyer von 1792 für eine Selbstorganisation der Bürgergesellschaft in einer Vielzahl von staatsunabhängigen sogenannten National-Vereinen, die er ausdrücklich als eine Schule der Selbstverantwortung, der Selbsttätigkeit und der freien Selbstbildung versteht[12].
Schiller, der sich in den „Ästhetischen Briefen “[13] mit der Kategorie der Freiheit und der freien Gesellschaft auseinandersetzt, glaubt diese Gesellschaft vorerst im kleinen Kreis zu finden[14], zu dem man auch freie Bündnisse mit einer selbständigen inneren Gesetzgebung, „Kreise des schönen Umgangs“ zählen kann.
Friedrich Schleiermacher fordert im Namen aller „gebildeten Menschen“ eine „freie, durch keinen äußern Zweck gebundene und bestimmte Geselligkeit“, in der „alle Beschränkungen der häuslichen und bürgerlichen Verhältnisse auf eine Zeitlang“ verbannt sind und der einzelne Mensch sich „dem freien Spiel seiner Kräfte“ überlassen kann.[15] Der wahre Charakter einer Gesellschaft in Absicht ihrer Form bestehe darin, „daß sie eine durch alle Theilhaber sich hindurchschlingende, aber auch durch sie völlig bestimmte und vollendete Wechselwirkung seyn soll“ Das formelle Gesetz wird ergänzt durch das materielle Gesetz („Alle sollen zu einem freien Gedankenspiel angeregt werden durch die Mittheilung des meinigen“) und das quantitative Gesetz („deine gesellige Thätigkeit, soll sich immer innerhalb der Schranken halten, in denen allein eine bestimmte Gesellschaft als ein Ganzes bestehen kann“)[16], d.h. die freie Geselligkeit ist zusammengesetzt aus „Selbstthätigkeit und Selbstbeschränkung“.
Bisher konnten 69 Geselligkeitsformationen in Berlin im Zeitraum 1786 bis 1815 ermittelt werden (dabei sind die zahlreichen Salons und die einzelnen Großlogen mit ihren Tochterlogen nicht mitgezählt). Es dürfte sich jedoch eine höhere Gesamtzahl ergeben - wahrscheinlich um die 100-, denn unter anderem sind die Geselligkeitsformen der niederen sozialen Schichten wie auch die kleineren politischen Geheimzirkel und die nur kurzzeitig existierenden patriotischen Frauenvereine kaum bekannt.
Einige dieser Formationen sind gut erschlossen bzw. sind Gegenstand laufender Forschungsprojekte, von anderen sind nicht viel mehr als Namen und Entstehungszeit überliefert.
Verläßliche Aussagen über die Vereinsentwicklung um 1800 in Berlin lassen sich nur durch genaue Detailuntersuchungen machen, die dann in einer Gesamtschau und -bewertung eine regionale Darstellung der Anfänge und ersten Höhepunkte des Vereinswesens ermöglichen.[17]

Bei den Recherchen stellte sich heraus, daß die einflußreiche, langlebige, literarisch-künstlerisch und naturwissenschaftlich ausgerichtete „Gesellschaft der Freunde der Humanität“ durch die Geschlossenheit und Dichte ihrer Überlieferung ein besonders lohnendes Forschungsobjekt darstellt. Deshalb soll zunächst die „Humanitätsgesellschaft“ exemplarisch bearbeitet werden.

 

 

 

2. Die „Gesellschaft der Freunde der Humanität“ - Fallstudie eines Berliner Bildungsvereins

2.1. Chronik der Humanitätsgesellschaft

Die am 10. Januar 1797 gestiftete „litterarische Gesellschaft“, die sich seit 1798 „Gesellschaft der Freunde der Humanität“ (oder einfach „Humanitäts-Gesellschaft“) nannte, war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neben der Feßlerschen „Mittwochs-Gesellschaft“ einer der bekanntesten Berliner Bildungsvereine. Der Zweck war nach § 1 der Statuten, „unter ihren Mitgliedern eine wissenschaftlich begründete Freundschaft zu stiften, und durch wechselseitigen Austausch ihrer Gedanken, Kenntnisse und Erfahrungen innere Fortbildung und aufheiternde Erholung zu veranlassen“. Die „Verbindung von gebildeten Männern aus allen Ständen“ traf sich jeden Samstag im Haus der Freimaurerloge Royal York. Frauen und Fremde waren als besuchende Gäste zugelassen. Die „Humanitäts-Gesellschaft“ stand in enger Beziehung zur 1795 gegründeten Feßlerschen Mittwochsgesellschaft. Da diese die statutenmäßig festgelegte Höchstzahl von fünfzig Mitgliedern bald erreicht hatte, blieben zahlreiche Interessenten ausgeschlossen. Einige davon gründeten auf Anregung des Stadtsekretärs Schlicht eine neue Vereinigung, die wie ihr Vorbild ihre Zusammenkünfte in „gesetzförmige“ und „gesetzfreie“ einteilte. Ein Kooperationsangebot an die Mittwochsgesellschaft lehnte diese auf Grund ihrer Statuten ab. Daraufhin wechselten viele, unter anderem auch der Gründer der Mittwochsgesellschaft, Ignaz Aurelius Feßler, zur neugegründeten Humanitätsgesellschaft. Laut Statut war die Zahl der ordentlichen Mitglieder anfangs auf 70 festgesetzt; 1818 wurde die Zahl auf achtzig, 1835 auf neunzig erhöht. Obwohl die Gesellschaft auch traditionelle Züge einer Lesegesellschaft[18] hat, spiegelt sie deutlich die Transformationen der 1790er-Jahre im sozialen und wissenschaftlichen Denken wieder. Die Gesellschaft hatte sich ausdrücklich der Bildung „aller Stände“ verpflichtet. In ihren Mitgliederlisten finden sich Lehrer, Professoren, Fabrikanten und Kaufleute, Handwerker, Offiziere, Theologen, Künstler und Ärzte. Zu ihren bekanntesten Mitgliedern gehörten u.a. Johann Gottfried Schadow (Mitglied 1801-?), Karl Friedrich Schinkel (Mitglied 1810-1813), Aloys Hirt (Mitglied 1797-?), Bernhard Anselm Weber (Mitglied 1797-1806), Ignaz Aurelius Feßler (Mitglied 1797-1803, danach Ehrenmitglied), Lazarus Bendavid (Mitglied 1797-1810), Theodor Heinsius (Mitglied 1797-1811), der Mediziner Johann Friedrich Dieffenbach (Mitglied 1844-?), der Astronom Johann Franz Encke (Mitglied 1826-?), die Theologen August Neander (Mitglied 1826-?) und Karl Twesten (Mitglied 1838-?). In den „gesetzförmigen“ Zusammenkünften waren nur eigene Abhandlungen in deutscher Sprache zugelassen (freie Themenwahl); in den „gesetzfreien“ konnten Gedichte und Schauspiele vorgetragen werden. Die Zahl der Vorträge nahm ständig zu und führte schließlich zur Abschaffung der „gesetzfreien“ Tage. Die Auflistung der Vortragenden und ihrer Themen ist lückenlos überliefert[19].
Bei den wöchentlichen Zusammenkünften standen Arbeit und Geselligkeit in einem engen Zusammenhang. Den Vorträgen und Diskussionen folgte eine Abendtafel in geselliger Runde. Jährlich wurde in großem Rahmen das Stiftungsfest gefeiert und in einer Übersicht die „Arbeiten und Schicksale“ der Gesellschaft im vorangegangenen Jahr referiert[20].
Die Vorträge befaßten sich vorrangig mit Literatur, Altphilologie, Kunst, Philosophie, Bildung und Schulwesen, Theologie, Bauwesen, Medizin und Naturwissenschaften. Es fand ein interdisziplinärer, generationen- und ständeübergreifender Gedankenaustausch statt. Jedes Mitglied brachte seine beruflichen Erfahrungen und individuellen Interessengebiete in die Diskussionen ein und erweiterte den eigenen Erfahrungshorizont durch die Berufs- und Erlebniswelten der anderen Mitglieder. Theoretische Vorträge stehen neben sinnlichem Anschauungsmaterial, wissenschaftliche Themen neben Scherzen, Liedern, Rezitationen.

Seit 1799 wurden von der Gesellschaft in öffentlichen Zeitungen dotierte Preisfragen ausgeschrieben. Hier finden sich Themen wie „Welche inneren und äußeren Hindernisse erschweren die Umschaffung der überflüssigen sogenannten gelehrten oder lateinischen Schulen in zweckmäßig eingerichtete Bürgerschulen? Wie lassen sich diese Hindernisse, vorzüglich in den Königl. Preußischen Staaten, am leichtesten aus dem Wege räumen? Und auf welche Weise können die Garnisonschulen mit den Bürgerschulen vereinigt werden?“[21] oder „In welchem Verhältnis steht der gegenwärtige Zustand der Philosophie, der Gesetzgebung, der schönen Künste und der Literatur zur Humanität?“[22]

Ihren Höhepunkt erlebte die Gesellschaft in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts. Seit den 1850er Jahren gingen die Mitgliederzahlen ständig zurück. In der letzten in den Präsenzbüchern dokumentierten Sitzung vom 28. Dezember 1861 waren noch vier Teilnehmer anwesend.

Aus dem Nachlaß des letzten Vizesekretärs der Gesellschaft gelangten 1893 Akten und Schriftstücke der „Gesellschaft der Freunde der Humanität“ in die Bestände des Märkischen Museums[23].


2.2. Mitglieder, Struktur und Programmatik

Die „Humanitätsgesellschaft“ war zweifellos eines der wichtigeren Glieder des vielschichtigen Berliner Vereinswesens und Ausdruck einer besonders typischen Form: nämlich in ihrer Mischung von Gedankenaustausch, Fortbildung, „angenehmer geistiger Unterhaltung“, geselligem Umgang und Wohltätigkeit. Sie war kein vornehmlicher Wohltätigkeitsverein, deren es in Berlin mehrere gab, doch sie war karitativ tätig, wovon die Geldsammlungen und die Bittbriefe Auskunft geben. Sie war keine rein literarische Gesellschaft, obwohl sie anfangs diesen Namen einer Lesegesellschaft trug. Literarische Themen nahmen zwar einen großen Raum ein, doch wurden ebenso naturwissenschaftliche, medizinische, pädagogische, künstlerische, soziologische und politische Themen diskutiert. Die Gesellschaft verband private Bildung und Belehrung mit Geselligkeit. Mitglieder unterschiedlicher Stände und Religionen fanden hier Zugang. Sie war auch einer der wenigen Vereine (von den rein jüdischen Vereinen abgesehen), in denen Juden gleichberechtigt auftreten konnten. Frauen konnten zwar keine Mitglieder werden, doch waren sie als Gäste, auch als diskutierende Zuhörer, willkommen. Neben den bekannten Namen, neben vielen Professoren, Stadträten und Offizieren finden sich auch unbekannte Namen aus dem Bürgertum wie Lehrer, Sekretäre, Theologen, Militärangehörige und Kaufleute - ein Querschnitt einer relativ breiten Bevölkerungsschicht mit Ausnahme der Frauen, des hohen Adels und der plebejischen Bevölkerung[24]. Doch es handelt sich bei den Mitgliedern durchaus um eine geistige Elite. Die Mitglieder kommen aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen, die den Tätigkeitsbereichen Bauwesen, Bildung, Literatur, Kunst, Philosophie, Theologie, Medizin und Naturwissenschaften zuzuordnen sind[25]. Es fand sich ein „friedlicher“ und „neidloser Kreis“ zusammen, „in welchem der Arzt neben dem Rechtsgelehrten, der Naturforscher neben dem Alterthumskundigen, der Philosoph neben dem Historiker sich gesellig erheitert, und einer auf den andern durch die Mittheilung seiner geistigen Erzeugnisse entweder belehrend oder ergötzend einzuwirken bemüht ist“ (wie es in der Rede zum Stiftungsfest 1810 heißt). Die thematische Vielfalt kann ein Auszug „der literarischen und unterhaltenden Beschäftigungen“ im Jahr 1797, dem ersten Jahr des Bestehens der Gesellschaft, illustrieren:

„den 20. Januar las Herr Prediger Mila eine Abhandlung betitelt: Versuch einer Geschichte der deutschen dramatischen Dichtkunst
den 27. Januar trug H. Prediger Koch die Schillersche Ode: die Götter Griechenlands desgleichen eine Parodie dieser Ode von Benkowitz vor [...]

den 3. Februar hielt H. Geheimer Sekretär Mercy einen Vortrag über die Frage: In wiefern kann man sagen, dass die menschlichen Schwachheiten die Reformation befördert haben?

H. Prediger Koch las einen Aufsatz: Ueber die Hinrichtung des Sokrates [...]

den 10. Februar trug H. Kaufmann Pascal das Melodrama: Ariadne auf Naxos auf dem Fortepiano vor, H. Kandidat Bülow declamirte den Text
Prediger Mila las einen Aufsatz des Geh. Ober Bau Rath Langhans: Ueber das Größen Verhältniß verschiedener Hauptstädte in Europa [...]

den 17. Februar hielt H. Lehrer Dittmar eine Vorlesung: Ueber verschiedene selbstgemachte mineralogische Bemerkungen, mit Vorlegung von Mineralien [...]

den 24. Februar las H. Doctor Davidson ein Schreiben vor, welches H. D. Bloch von einem

Naturforschenden Freunde aus Tranquebar erhalten hatte [...]

den 3. März las H. Prediger Mila eine Vergleichung der dramatischen Talente Ifflands und

Kotzebue’s [...]
den 17. März H. Kandidat Süvern las einen Aufsatz: Ueber die ersten Kriege der Römer in Deutschland und ihren Einfluß auf die Deutschen
Doctor Bourguet machte einige physikalische Versuche in Absicht der

Verschiedenheit der Luftarten [...]

den 7. April recitierte H. D. Oppenheimer einen Aufsatz aus dem Genius der Zeit: Ueber die

Gefängnisse in Nord-Amerika [...]

den 28. April las H. Bendavid als Gast aus einem von ihm in Wien herauszugebenden Werke

betitelt: Beiträge zur Kritik des Geschmacks, den Abschnitt: Ueber den Tanz [...]

den 5. Mai las H. Prediger Koch den Eingang seiner Abhandlung über die Frage: „Haben die

Deutschen schon den blühendsten Zeitpunkt ihrer Cultur in Absicht der Sprachen

und schönen Wissenschaften erreicht? Sind sie im Steigen oder Fallen? [...]

den 26. Mai las H. D. Heinsius einen ungedruckten Aufsatz [...] betitelt: Ostereyer,

Osterwasser, Ostergelächter, Pfingsthenne und Michaelishahn, nebst einem

etymologischen Anhange [...]

den 23. Juni hielt H. Hofrath Hirt einen Vortrag: Ueber den Hauptgrundsatz bei den bildenden

Künsten [...]

den 13. Oktober H. Hofrath Hirt theilte den Entwurf mit, nach welchem ein zweckmäßiges

Denkmal für Friedrich II. errichtet werden könnte [...]

den 25. Oktober wurde das Lessingsche Trauerspiel Emilia Galotti mittelst vertheilter Rollen

gelesen [...]

den 3. November H. D. Oppenheimer las einen Aufsatz: Ueber die Beerdigung der Leichen [...]“[26]

Fast alle Vortragsthemen reflektieren aktuelle Entwicklungen in Berlin, in Deutschland und im Ausland. Sie befassen sich mit dramatischer Dichtkunst, Lyrik und Prosa, mit Theatergeschichte, Literaturgeschichte, Kunstgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, Geschichte, Architektur, Musik, der Altertumswissenschaft, Pädagogik, Ästhetik, der Medizin, Mineralogie, Mathematik, Physik, Chemie, Astronomie. Nicht selten liegen ihnen Neuerscheinungen aus Literatur, Kunsttheorie, Naturwissenschaft und Technik zugrunde. Themen, die die Zuhörer besonders interessierten, wurden in Fortsetzungen abgehandelt oder durch andere Redner ergänzt. Zweifellos wirkte dieser interdisziplinäre Gedankenaustausch über die Gesellschaft hinaus. Es ist davon auszugehen, daß besonders die Gymnasien als die vielleicht wichtigsten Bildungseinrichtungen vor Gründung der Universität, davon profitierten.

Die thematische Universalität der „Humanitätsgesellschaft“ entspricht durchaus dem Humboldtschen Ideal eines freien und autonomen Stadtbürgers, dessen ‘vielgestaltige’ Zuständigkeit er vom Bürger des klassischen Athen ableitete und auf die eigene Stadt übertragen wollte.

Die Archivmaterialien geben einen fast lückenlosen Einblick in die Vereinsinterna der „Humanitätsgesellschaft“. In einem gewissen Maß ermöglicht das sicherlich Rückschlüsse auf ähnliche Gesellschaften, wie zum Beispiel die Feßlersche Mittwochsgesellschaft, von denen bisher keine Primärquellen bekannt sind.

Von Interesse sind auch die Beziehungen zu anderen Gesellschaften. Viele Mitglieder der Humanitätsgesellschaft waren gleichzeitig in anderen Vereinen engagiert. Die Verbindung zur Feßlerschen Mittwochsgesellschaft und zur Loge Royal York wurde bereits erwähnt. Mitglieder der Humanitätsgesellschaft gehörten im übrigen später zu den Gründern der ähnlich einflußreichen „Gesetzlosen Gesellschaft“.


2.3. Monographie

In Arbeit befindet sich eine zusammenfassende Darstellung der 65 Jahre bestehenden „Humanitätsgesellschaft“ mit Schwerpunkt der frühen Gesellschaftsjahre; einschließlich einer anthologischen Dokumentation markanten Archivmaterials:

- Mitgliederverzeichnisse (Namen, Profession, Zeitdauer der Mitgliedschaft)

- Liste der Direktoren, Vizedirektoren, Sekretäre, Beamten, Rendanten

- Übersicht der gehaltenen Vorträge und der Vortragenden

- Protokolle der Stiftungsfeiern und Jahresberichte

- Preisfragen und die entsprechenden Pressenotizen (Vossische Zeitung; Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung).

Vorbereitet werden soziologische Tabellen zu den Mitgliedern (so: Beamten-Adel, Bürgertum, verschiedene Berufsgruppen; darüber hinaus: Juden; Mitgliedschaft in den beiden Akademien; Mitgliedschaft in anderen Gesellschaften und Vereinen). Damit sollen die kommunikativen Netzwerke innerhalb der Gesellschaft aufgezeigt werden; ihre Verbindungen zu Gymnasien, Universität, Akademien sowie anderen gelehrten und geselligen Vereinen.

Genauer zu untersuchen sind noch der Einfluß der Freimaurerei auf die Humanitätsgesellschaft, die logenähnlich organisiert, aber offen für alle war, die nicht bei den Freimaurern aufgenommen werden konnten oder wollten; die Reflexion politischer Ereignisse (1806; 1813) und die Stellung zu den Frauen (die keine Mitgliedschaft erwerben konnten, sondern nur als Familienangehörige als Zuhörerinnen zu den Sitzungen zugelassen waren).

 

3. Handbuch zur Berliner Geselligkeit

Die Fülle und Vielfalt der Berliner Geselligkeitsformen ist bisher noch nicht detailliert in einer Gesamtschau dargestellt worden. Ein Repertorium aller in Berlin zwischen 1786 und 1815 nachweisbaren geselligen Organisationsformen wie Vereine, Gesellschaften, Klubs, Logen, Salons, Ressourcen, aber auch Volksfeste und Vergnügungen einschließlich ihrer Örtlichkeiten, höfische Lustbarkeiten und Ähnliches soll diese Übersicht liefern.
Zu denken ist dabei neben den Bildungsvereinen und den Wohltätigkeitsvereinen an die berufs- oder fachspezifischen Assoziationen, die - von der Literatur über die Altertumswissenschaften bis zum Militär - in Berlin reich vertreten waren und durchaus Club- bzw. Geselligkeitscharakter hatten.
Einen Sonderstatus nehmen die Berliner Laientheater-Vereinigungen ein, die in den 90er-Jahren relativ zahlreich entstanden und vor allem in Handwerker- und Angestelltenkreisen beheimatet waren. Auch sie sind den Gesellschaftsformationen zuzuordnen, da sie eine feste Organisationsstruktur aufwiesen und ihre Arbeit selbstgegebenen Gesetzen unterlag. Die „spielenden“ Mitglieder bzw. die Abonnenten wurden gewählt, wobei eine bestimmte Mitgliederzahl nicht überschritten werden durfte. Da die Laientheater-Vereine Publikum vom professionalen Theater abzogen, schritt Iffland gegen sie ein, so daß sie nach 1800 (mit Ausnahme der „Urania“) kaum noch eine Rolle spielten. Ob sie auf andere Weise weiterexistierten, wäre zu untersuchen[27].

In den zeitgenössischen Printmedien treten vorrangig die Wohltätigkeits- und patriotischen Unterstützungsvereine in Erscheinung, da sie auf Spenden angewiesen waren und die Öffentlichkeit suchen mußten (z.B. Bürgerrettungsverein; Deutsche und französische Brennholzgesellschaft; Patriotische Frauenvereine um 1813; Haupt-Bibel-Gesellschaft). Wissenschaftliche Fachgesellschaften und gelehrte Bildungsvereine werden hingegen wenig oder gar nicht erwähnt.

Die Geselligkeitsformen unterscheiden sich durch ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit, durch ihr Engagement für gesellschaftliche Angelegenheiten und durch den Grad ihrer Organisierung.

Bisher kristallisieren sich 8 große Gruppen von Geselligkeitsformationen heraus, deren Grenzen fließend verlaufen:

- Patriotisch-ökonomische Gesellschaften (z.B. Gesellschaft zur Beförderung der Industrie unter

den Juden in den Preußischen Staaten; Gesellschaft zur Rettung Berlinischer in ihrem Gewerbe

zurückgekommener Bürger)

- Wissenschaftliche Fachgesellschaften; Berufsspezifische Vereinigungen (z. B. Hufelandische

Gesellschaft; Pharmaceutische Gesellschaft; Philomatische Gesellschaft; Privatgesellschaft

junger Architekten)

- Lesegesellschaften; Gesellige Informations- und Diskussionsklubs (Gesellschaft der Freunde der

Humanität; Feßlersche Mittwochsgesellschaft)

- Politische Diskussionszirkel (z.B. Mittwochsgesellschaft der Aufklärer; Christlich-deutsche

Tischgesellschaft; Klub im Haus von Georg Andreas Reimer)

- Privattheatergesellschaften; Musik- und Gesangsvereine

- Wohltätigkeitsvereine; Patriotische Unterstützungsvereine (z. B. Frauenvereine um 1813)

- „informelle Gruppenbildungen“ (Thomas Nipperdey) wie Salons, Lesegesellschaften ohne feste

Organisationsstruktur, Ressourcen

- Geheimbünde (z. B. Logen; Deutscher Bund)

Die Gesellschaftsvarianten um 1800 waren selbstorganisiert und von staatlichen Institutionen weitgehend unabhängig[28]. Die Mitglieder kamen aus freiem Entschluß zu den gemeinsamen Zusammenkünften und fühlten sich den selbstgegebenen Gesetzen, Statuten, Riten und Umgangsformen verbunden. Alle Berliner Gesellschaftsformen weisen einen hohen Organisationsgrad auf. Verantwortlich für die Struktur und die Programmatik der Gesellschaften waren Vertreter des „Intelligenz-, Industrie- und Verwaltungsbürgertums“[29], verbunden mit Vertretern des aufgeklärten Beamtenadels. Aufgebrochen und erweitert wird diese Mitgliederstruktur z.B. bei den Laientheatervereinen, bei den patriotischen Frauenvereinen aus der Zeit um 1813 und bei den Ressourcen. Allen Gesellschaften ist gemeinsam, daß sie nicht in Opposition zum Staat standen, sondern die Regierung auf ihre Weise unterstützend begleiten und das Wohl des preußischen Staates befördern wollten.

Zu untersuchen ist, welche Gesellschaften sich in einem bestimmten Zeitraum neu bildeten, welche Gesellschaftsformationen sich durchsetzten und eine größere Aktivität entwickelten, wie sie organisiert waren, aus welchen sozialen Schichten ihre Mitglieder stammten und welche öffentlichen Aufgaben sie übernahmen? Was bewog die vielbeschäftigten Männer zur Gründung bzw. zur häufig sehr aktiven und langjährigen Teilnahme in einer Gesellschaft? Bedeutete die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft neben der Geselligkeit in einem Kreis Gleichgesinnter auch einen Machtgewinn für den Einzelnen, der dadurch an Einfluß gewann? Gab es ein Machtvakuum im Staat, ein Defizit (und welches), das durch die Arbeit der Gesellschaften ausgeglichen bzw. übernommen werden sollte? Der Boom von Clubs, Gesellschaften und Vereinen in den Jahren um 1800 (und dann weiterführend das gesamte 19. Jahrhundert hindurch) war Ausdruck einer gesellschaftlichen, politischen und ästhetischen Modernisierungsphase. Zu fragen ist nach möglichen Vorbildinstitutionen (auch außerhalb Preußens und im europäischen Kontext gesehen), vorgeblichen und wirklichen Interessenslagen, verdeckten Ausschlußkriterien, inneren Krisen und personellen Kämpfen, Finanzierungsfragen oder öffentlicher Geltung. Dabei darf der Blick nicht auf Berlin begrenzt bleiben. Der Vergleich mit der Vereinsentwicklung in anderen größeren deutschen Städten wie auch in kleineren Residenzstädten wie Weimar kann Aufschlüsse geben über die Besonderheiten der Vereinskultur und der Geselligkeit in einer Metropole.

Das geplante Handbuch soll neben dem lexikalischen Teil ein kommentiertes Personenregister, einen bibliographischen Anhang sowie einen Dokumentenband enthalten.

Für die lexikalische Beschreibung der annähernd 100 Gesellschaftsformationen wird die Mitwirkung von Forschern, die sich bereits intensiv mit einem bestimmten Verein befaßt haben, unabdingbar sein.

Das Personenregister wird neben den Personendaten auch alle Mitgliedschaften in Berliner Vereinen verzeichnen, die Funktion(en), die eine Person in den Vereinen ausübte, sowie die Aktivitäten, mit denen eine Person in den Vereinen hervortrat. Dies soll sowohl das Netzwerk Berliner Vereine kenntlich machen als auch bestimmte exemplarische Lebensläufe in Berlin reflektieren.

 

 

[1] Vgl. u.a. Gustav E. Sachse/Eduard Droop (Hrsg.): Der Montagsklub in Berlin 1749-1899. Fest- und Gedenkschrift zu seiner 150sten Jahresfeier. Berlin 1899. - Kenneth Keeton: The Berliner Montagsklub, a center of German enlightenment. In: Germanic Review 36 (1961), S. 148-153.

 

[2] Zu den Berliner Salons vgl. Petra Wilhelmy: Der Berliner Salon im 19. Jahrhundert (1780-1914). Berlin, New York 1989.

 

[3] Vgl. u.a. Friedrich Zelle: Singakademie und Liedertafel. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 26, 1909, 4, S. 79-82.

 

[4] Vgl. das Forschungsprojekt der Historischen Arbeitsstelle der Humboldt-Universität: http://www.museum.hu-berlin.de/has/gnf.html

 

[5] Vgl. u.a. Winfried Löschburg: Die Berliner Mittwochsgesellschaften. Bemerkungen zur Berliner Kulturgeschichte. In: Berliner Heimat. Berlin (Ost) 1957, S. 53-55.

 

[6] Vgl. zu 3; weiterhin u.a.: Günther Birtsch: Die Berliner Mittwochsgesellschaft. In: Über den Prozeß der Aufklärung in Deutschland im 18. Jahrhundert. Personen, Institutionen und Medien. Göttingen 1987, S. 94ff. (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 85); R. I. Georges: Nachrichten über die geheime Mittwochsgesellschaft. In: Der Bär 13 (1887), S. 335-339; Heinrich Meisner: Die Freunde der Aufklärung. Geschichte der Berliner Mittwochsgesellschaft. Festschrift zur 50jährigen Doktorjubelfeier Karl Weinholds. Straßburg 1896, S. 43-54.

 

[7] Vgl. u.a. Theodor Roller: Georg Andreas Reimer und sein Kreis. Berlin 1924, S. 5ff.

 

[9] Vgl. u.a.: Neue Berlinische Monatsschrift 1, 1804, S. 231-235. - Friedrich Klemm: Die Berliner Philomatische Gesellschaft. In: Sudhoffs Archiv für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften 42, 1958, S. 39.

 

[10] Zu den Berliner Logen vgl. Florian Maurice: Freimaurerei um 1800. Ignaz Aurelius Feßler und die Reform der Großloge Royal York in Berlin. Tübingen 1997.

 

[11] Vgl. Barbara und Hans Holländer: Schadows Schachclub. Ein Spiel der Vernunft in Berlin 1803-1850. Berlin 2003 (Sammlungskatalog der Kunstbibliothek).

 

[12] Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen

 

[13] Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Erstdruck: Die Horen, 1795, 1., 2., 6. Stück.

 

[14] „Existiert aber auch ein solcher Staat des schönen Scheins, und wo ist er zu finden? Dem Bedürfnis nach existiert er in jeder feingestimmten Seele, der Tat nach möchte man ihn wohl nur, wie die reine Kirche und die reine Republik, in einigen wenigen auserlesenen Zirkeln finden, wo nicht die geistlose Nachahmung fremder Sitten, sondern eigne schöne Natur das Betragen lenkt, wo der Mensch durch die verwickeltsten Verhältnisse mit kühner Einfalt und ruhiger Unschuld geht und weder nötig hat, fremde Freiheit zu kränken, um die seinige zu behaupten, noch seine Würde wegzuwerfen, um Anmut zu zeigen.“ (Schluß des 27. Briefes)

 

[15] Friedrich Schleiermacher: Versuch einer Theorie des geselligen Betragens. In: Berlinisches Archiv der Zeit und ihres Geschmacks. Januar 1799, S. 48-66, und Februar 1799, S. 111-123. - Hier S. 48f.

 

[16] Ebd., S. 56f.

 

[17] Otto Dann hat auf das Fehlen von verläßlichen Aussagen über das Ausmaß der Vereinsentwicklung im 18. Jahrhundert hingewiesen. „Die einzige vorliegende Bestandsaufnahme einer regionalen Vereinsentwicklung ist die Studie von Herbert Freudenthal, Vereine in Hamburg. Hamburg 1968 [...]“. (Otto Dann: Vereinsbildung und Nationsbildung. Sieben Beiträge. Köln 2003, S. 12).

 

[18] Zur Definition und Typologisierung der Lesegesellschaften sei auf Marlis Prüsener verwiesen (Lesegesellschaften im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Lesergeschichte. Diss. Sonderdruck aus: Archiv für Geschichte des Buchwesens, Band XIII, Liefg. ½ 1972), die zwischen dem frühesten Typ eines Lesezirkels seit den 1760er Jahren und seiner Erweiterung zur Lesebibliothek, der neueren Form des Lesekabinetts und den Lesegesellschaften des späten 18. Jahrhunderts unterscheidet. Dabei fand das gesellschaftliche Lesen um 1800 in verschiedenen Formen statt: in „Aufklärungs-Lesegesellschaften“, in „Clubs“, in unterhaltsamen Lesegesellschaften (im Gegensatz zu den pragmatischen), in Leihbibliotheken, in Fachlesegesellschaften oder in „Literarischen Gesellschaften“ als exklusiven Freundeszirkeln. Zu letzteren ist auch die „Humanitätsgesellschaft“ zu zählen. Darüberhinaus gab es das „Museum“ als buchhändlerische Unternehmung.

 

[19] Landesarchiv Berlin, A Rep. 060-40, Nr. 6-10.

 

[20] Ebd.

 

[21] Als Sieger der 1799 augegebene Preisfrage wurde Carl Ludolf Friedrich Lachmann gekürt, der seine Schrift 1800 drucken ließ: „Ueber die Umschaffung vieler unzweckmäßigen so genannten lateinischen Schulen in zweckmäßig eingerichtete Bürgerschulen, und über die Vereinigung der Militärschulen mit den Bürgerschulen. Eine, von der litterarischen Gesellschaft der Freunde der Humanität zu Berlin, gekrönte Preisschrift, von Carl Ludwig Friedrich Lachmann, ältestem Prediger an der Andreaskirche zu Braunschweig. Berlin, 1800. In der Vossischen Buchhandlung“.

 

[22] Diese Preisfrage wurde zweimal, 1801 und 1802, ausgegeben. Der Preis wurde schließlich Gottlob Benjamin Gerlach zuerkannt. Vgl. auch: Gottlob Benjamin Gerlach: Philosophie, Gesetzgebung und Aesthetik in ihren jetzigen Verhältnissen zur sittlichen und ästhetischen Bildung der Deutschen. Leipzig 1804.

 

[23] Archivmaterial zur „Gesellschaft der Freunde der Humanität“ befindet sich heute im Landesarchiv Berlin (23 Akteneinheiten) und in der Dokumentenabteilung des Märkischen Museums (8 Akteneinheiten). Diese Quellen sind bisher nicht publiziert. Außer kurzen Beschreibungen in zeitgenössischen Publikationen und einem zusammenfassenden Überblick „Vom Werden, Wachsen, Wirken und Vergehn der zu Berlin am 10. Januar 1797 gestifteten literarischen Gesellschaft, welche sich seit Anfang des Jahres 1798 Gesellschaft der Freunde der Humanität nannte“ von Karl Streckfuss (Berlin 1939) gibt es keine neueren Veröffentlichungen. Die Archivbestände beinhalten u.a. die Gesetze der Humanitätsgesellschaft; Mitgliederverzeichnisse; Verzeichnisse der Direktoren, Sekretäre und Rendanten; Denkschriften und Jahresberichte 1797-1855; Verhandlungen und Protokolle 1797-1855; Gästebücher; Briefwechsel der Gesellschaft; Kassenbuch der Gesellschaft; 3 Präsenzbücher 1818-1861.

 

[24] Die Personendaten der Mitglieder sind zu finden in der Datenbank „Geselligkeit“, die wiederum Teil des Datenbanknetzes der „Berliner Klassik“ ist.

 

[25] Die führenden Berliner Architekten und Baumeister Schinkel, Louis Catel, David Gilly (Begründer und Direktor der Königlichen Bau-Akademie) und Johann Albert Eytelwein (Geheimer Ober- Baurat und Direktor der Bauakademie) waren Mitglieder. (Karl Gotthard Langhans war selbst nicht Mitglied, doch wurden seine Aufsätze vorgetragen und diskutiert.) Mitglied war auch der Begründer der „Berliner Bildhauerschule“ Johann Gottfried Schadow, der in der Gesellschaft allein 65 mal vortrug und 1813 nach dem Vorbild der Freimaurerlogen einen Tisch-Hammer für den Direktor in Form eines sitzenden Horuskindes schuf (Abbildung in: Hans Mackowsky: Die Bildwerke Gottfried Schadows. Berlin 1951, S. 208f.). Die Berliner Musikszene wurde durch den Musikdirektor Bernhard Anselm Weber, seit 1796 Kapellmeister des National-Theater-Orchesters, repräsentiert. Der Altertumswissenschaftler Aloys Hirt, Hofrat und Professor bei der Akademie der Künste und der Bau-Akademie, seit 1811 Professor an der Universität, hielt rund 80 Vorträge in der Gesellschaft. Stark vertreten waren auch die Gymnasialprofessoren: Der Direktor des Berlinisch-Cöllnischen Gymnasiums und spätere Professor der Theologie an der Universität, Johann Joachim Bellermann, hielt beispielsweise 20 Vorträge; zu diesem Kreis gehörten ferner der Professor und Direktor des Friedrichwerderschen Gymnasiums (und Schwager Ludwig Tiecks), August Ferdinand Bernhardi, der Professor am Berlinisch-Cöllnischen Gymnasium, Theodor Heinsius, der Professor am Französischen Gymnasium, Paul Erman, oder der Prorektor des Friedrichwerderschen Gymnasiums, Friedrich Eberhard Rambach. Neben einer Vielzahl jüdischer Ärzte wirkte der jüdische Privatgelehrte und Schriftsteller Lazarus Bendavid führend in der Gesellschaft mit. In den 30er Jahren wurden Gustav Parthey, der Enkelsohn Friedrich Nicolais, und Ignaz von Olfers, der Direktor der Königlichen Museen und Schwiegersohn der Salonnière Elisabeth von Staegemann sowie Ehemann der Salonnière Hedwig von Olfers, Mitglieder der Humanitätsgesellschaft. Mediziner und Naturwissenschaftler stellten einen weiteren wichtigen Anteil der Mitglieder: Ober-Medizinalrat Klaproth; Dr. der Medizin Johann Friedrich Dieffenbach; Königlicher Astronom, Direktor der Sternwarte und Berechner der Landeskalender Johann Franz Encke; Astronom Christian Ludwig Ideler; Astronom Johann Elert Bode; Physiker und Chemiker Paul Erman; Professor für Chemie und Technologe Sigismund Friedrich Hermbstaedt. Daneben standen hohe Beamte wie der Geheime Regierungsrat Karl Friedrich Wilhelm Dieterici, der Präsident des Oberkonsistoriums Karl Franz von Irwing und der Oberkonsistorialrat August Neander.

 

[26] „Denkschriften und Jahresberichte“, Landesarchiv Berlin, A Rep. 060-40, Nr. 6.

 

[27] Die im Brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam befindlichen Polizeiakten enthalten u.a. Mitgliederlisten, Protektionsschreiben, Informationen über das Repertoire, Genehmigungen und Bescheinigungen, Besetzungszettel und Spielpläne, die Aufschlüsse geben über die personelle Zusammensetzung der einzelnen Theatervereine, ihre Aufführungspraxis und ihr Taktieren mit den Polizeibehörden.

 

[28] Ausnahmen bilden hier die oben genannten Laientheatervereine oder auch die Wohltätigkeitsvereine, die von staatlicher Seite (meist vom König persönlich oder den entsprechenden Departementsdirektoren) größere finanzielle Zuwendungen bekamen und entsprechend rechenschaftspflichtig waren.

 

[29] Otto Dann, wie zu 17, S. 39.

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